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Wendlinger Zeitung vom 25.02.2012


Das Traditionsunternehmen Behr in der Rückschau
Das Stadtmuseum Wendlingen bereitet gerade eine Sonderausstellung zum Thema Behr vor  Weitere Exponate werden gesucht .


http://www.ntz.de/newsimages/nzwz-2012-02-25-18837785_1411_thumbnail.jpgDer Museumsverein zeigt ab 1. April eine Sonderausstellung über das Wendlinger Traditionsunternehmen Behr.

Dafür startet der Verein einen Aufruf an die Bevölkerung: Wer hat typische Gegenstände jeglicher Art von Behr?

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VON GABY KIEDAISCH
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WENDLINGEN. Die Firma Behr wäre in diesem Jahr 100 Jahre geworden. Die Produktionsstätte in Wendlingen war nach Insolvenzantrag im November 2007 im Frühjahr 2008 dichtgemacht worden. Dem vorausgegangen waren Verkäufe innerhalb der Unternehmensgruppe wie die Einrichtungshäuser und die Behr Holzformtechnik sowie die Möbelfabrikation Behr International Ende der 1990er-Jahre an eine Möbelfabrikation in Nordrhein-Westfalen, die jedoch wenige Jahre später ebenfalls Insolvenz anmeldete. Nach einer kurzen Unterbrechung gibt es die Marke Behr International zwar wieder, doch mit dem 1912 in Wendlingen gegründeten Unternehmen hat sie nichts mehr zu tun.
Möbel mit Qualität durch Serienfertigung zu verwirklichen, das war die Idee des Firmengründers Erwin Behr, als er vor 100 Jahren die Möbelfabrikation an der Eisenbahnlinie Stuttgart–Tübingen ins Leben rief. Schon ab dem Jahr 1921 baute Behr seine ersten An- und Aufbaumöbelprogramme nach den Entwürfen von Professor Franz Schuster. Bahnbrechend war die Verformung von Furnieren und Sperrholz, wie sie für Gehäuse von Radios und später Fernsehgeräten gebraucht wurden. Die spanlose Verformung von Presslagenholz wurde zunächst für den Flugzeugbau verwendet, später auch im Möbelsektor.
Mit der Erfindung der Behr-Dreischicht-Spanplatte war dem Unternehmen 1950 ein weiterer Meilenstein in der Möbelfertigung gelungen. Unter dem Namen Behr International arbeitete das Unternehmen mit vielen namhaften Möbeldesignern zusammen. Bereits ab 1949 hatte sich das Unternehmen auch einen Namen als Zulieferer der Automobilindustrie gemacht.
Mit der Ausstellung will der Museumsverein an die Bedeutung der Möbelfabrikation in Wendlingen erinnern. Denn Behr war nicht nur ein Unternehmen mit internationalem Rang, sondern hatte Ende der 1950er-Jahre fast 1000 Mitarbeiter in Brot und Arbeit in Wendlingen beschäftigt.
In der Ausstellung dokumentiert werden soll deshalb auch das soziale Engagement des Unternehmens mit Ferienverschickung, Sozialräumen, die mit Wannenbädern ausgestattet waren, einer Freud-und-Leid-Kasse sowie einer Werksbücherei, einem Löschteich, der in heißen Sommern von den Arbeitern als Swimmingpool genutzt werden konnte, oder die verschiedenen Freizeitgruppen, die es innerhalb der Firma gegeben hat. So sei nur an die Fußballmannschaft erinnert, an die Rot-Kreuz-Gruppe, Tischtennis- oder Fotogruppe. Für die seit Ende der 1950er-Jahren beschäftigten italienischen Gastarbeiter wurden extra italienische Zeitungen abonniert, außerdem gab es einen Fernseher in den Aufenthaltsräumen, damit die Belegschaft wichtige Fußballspiele während der Arbeit nicht versäumen musste.
Die Ausstellung wird sowohl an den Gründer des Unternehmens Erwin Behr und an seinen Sohn Erwin Behr jun. als auch an dessen Schwiegersohn Dr. Emil Kühn, die beide die Firma als Geschäftsleiter zu einem Unternehmen mit internationale Ruf führten, erinnern.
Für die Sonderausstellung, die am 1. April eröffnet wird, werden typische Exponate von Behr jedweder Art gesucht wie Zeichnungen, Kataloge, Gebrauchsgegenstände, Kleinmöbel, Radiogehäuse. Gerne nimmt der Museumsverein die Exponate als Leihgabe für die Sonderausstellung entgegen. Aber auch ehemalige Mitarbeiter, die über ihre Zeit bei Behr berichten wollen, sind willkommen.
Typisch für Unternehmen der damaligen Zeit sind Mitarbeiterviten, wie es sie heute nur noch selten gibt. So starteten viele Behr-Mitarbeiter bereits als Lehrlinge und arbeiteten dort ihr gesamtes Arbeitsleben bis zu ihrer Rente. Exemplarisch dafür stellt der Museumsverein den Schreiner Otto Frasch vor, der 1925 als 15-Jähriger bei Behr seine Lehre begann. Ein von ihm gefertigtes Puppenhaus mit original verkleinerten Behr-Möbeln sowie ein Kaufladen werden ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sein.
Leser, die die Ausstellung mit Exponaten unterstützen möchten, wenden sich an den Vorsitzenden des Museumvereins Peter Hoefer unter Telefon (0 70 24) 50 10 55. Gleichzeitig macht der Museumsverein darauf aufmerksam, dass im Stadtmuseum auch Führungen außerhalb der Öffnungszeiten angeboten werden. Für behinderte beziehungsweise gehbehinderte Menschen steht ein Fahrstuhl beziehungsweise eine Behindertentoilette zur Verfügung. Anmeldungen auch für Seniorengruppen bei Peter Hoefer.
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Joachim Kuschel, Peter Hoefer und Angela Heilemann
von links) bereiten derzeit die Sonderausstellung
mit Exponaten vor. Dafür stammt einiges aus dem Depot
des Museumvereins wie die hier gezeigten Holztabletts,
Möbelkranzabschlüsse oder Originalzeichnungen von Möbelstücken. gki

 

Wendlinger Zeitung vom 16.02.2012

Museumsverein blickt auf besonderes Jahr

Sonderausstellungen zu 50 Jahre Heimatmuseum und 100 Jahre Firma Behr ? Wahlen: Vorstand im Amt bestätigt

2012 wird für den Museumsverein gleich in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Jahr. Dazu zählt der Bildband „Liebenswertes Wendlingen“, der an Ostern erscheinen soll, dazu gehören aber auch zwei Sonderausstellungen, 100 Jahre Behr und 50 Jahre Heimatmuseum.


VON GABY KIEDAISCH

WENDLINGEN. Das zurückliegende Jahr sei ein „Jahr herausragender Ereignisse“ gewesen, leitete Peter Hoefer seinen Bericht anlässlich der Mitgliederversammlung am Dienstag im Gasthaus Löwen ein: 30 Backtermine, 13 Trauungen und zusätzliche Bildtermine von Hochzeitspaaren im Pfarrgarten, viele Museumsstammtische, die stets gut besucht gewesen seien, und zahlreiche Arbeitsdienste im Depot und im Museum. Darunter Restaurierungsarbeiten am Mauerwerk der Scheuer. Weitere Arbeiten seien in diesem Frühjahr noch zu verrichten, vermerkte der Vereinsvorsitzende, so soll der Boden in der Pfarrscheune mit Ziegelsteinen ausgelegt werden. Restauriert worden ist im vergangenen Jahr das große Scheunentor, eine zweite Tür von der Gartenseite ist in der Mache. Für den Aufbau und die Reinigung der alten Maschinen für die Schmiede, in die vor allem Joachim Kuschel mit weiteren Helfern viel Arbeit und Zeit gesteckt hatte, dankte Hoefer im Namen des Vereins.

Jede Menge Zeit und Arbeit steckt auch in den drei Sonderausstellungen, die die Mitglieder des Museumvereins im vergangenen Jahr auf die Beine gestellt haben. Leider hätten die Besucherzahlen etwas nachgelassen, räumte Hoefer ein, die letzte Ausstellung sahen unter 500 Museumsbesucher. Wie immer hatte sich der Museumsverein am Internationalen Museumstag beteiligt, zu den weiteren Höhepunkten zählt das traditionelle Mostfest im Herbst.

Zur festen Einrichtung geworden ist der Geschichtskreis. Inzwischen besteht er im fünften Jahr. Sein Dank galt in diesem Zusammenhang Roland Durst und Angela Heilemann, die den Kreis regelmäßig leiten.

„Liebenswertes Wendlingen“ heißt der von Bürgerverein und Museumsverein gemeinsam noch unter Bürgermeister Ziegler angestoßene Bildband, der bis kommende Ostern fertig sein soll. Der mit viel Aufwand produzierte Band enthält 75 historische und aktuelle Fotografien und soll von der Stadt vertrieben werden.

1912 war die Firma Behr in Wendlingen gegründet worden. Aus diesem Anlass erinnert der Museumsverein mit einer Ausstellung in diesem Jahr an die Anfänge der renommierten Möbelfirma, die erstmals Möbel in industrieller Serienfertigung herstellte und die Spanplatte erfand. Mit einer Sonderausstellung, die am 1. April im Stadtmuseum eröffnet wird, soll vor allem der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung Behr für die Ortsgeschichte hatte. Ein großer Fundus von Original-Zeichnungen, Modellen, Formen und Produkten aus dem Stadtmuseum wird die Ausstellung unterstreichen, lediglich kleinere Behr-Möbelstücke fehlen noch, um das Bild zu komplettieren.

Mit einem Dia-Vortrag begibt sich Roland Durst am 6. März auf eine Zeitreise durch die Industriegeschichte der Stadt Wendlingen: Unter dem Titel „100 Jahre Behr Möbelfabrik“ wird das Mitglied das Thema auf Zelluloid im Treffpunkt vertiefen.

Damit nicht genug: Beim traditionellen Mostfest am 9. September werden gleich zwei Highlights zu feiern sein. Die alte Schmiede aus Köngen ist nun vollständig aufgebaut und mit Fertigstellung des Fußbodens im unteren Teil der Scheuer soll sie offiziell eingeweiht werden. Gleichzeitig wird die Sonderausstellung „50 Jahre Heimatmuseum“ eröffnet. Das Heimatmuseum, aus dem der Museumsverein hervorgegangen ist, war am 17. November 1962 durch den Schwäbischen Albverein Unterboihingen gegründet worden. Das Museum war früher im ehemaligen Rathaus von Unterboihingen untergebracht. Nach einer Neukonzeption wurde es im Jahr 2004 im alten Pfarrhaus als Stadtmuseum wiedereröffnet.

Last but not least fehlt noch im Reigen der Sonderausstellungen die Weihnachtsausstellung, Thema ist diesmal historisches Kinderspielzeug aus einer Privatsammlung.

Zum Schluss seines Berichts sprach Peter Hoefer allen aktiven Helfern, dem Vorstand und dem Ausschuss seinen Dank aus.

Begonnen hatte die jährliche Mitgliederversammlung mit einer stillen Minute zu Ehren der Verstorbenen. Kassier Martin Zink hatte anschließend detailliert seinen Kassenbericht vorgetragen. Kassenprüfer Heinz Benz und Winfried Durst waren nach eingehender Kassenprüfung zu dem einhelligen Schluss gekommen, eine tadellose Kassenführung vorgefunden zu haben. Den Entlastungsantrag für den Kassenwart und Vorstand übernahm Heinz Benz. Er bezeichnete den Museumsverein als einen „tollen Verein“ mit vielen Mitgliedern, die sich aktiv einbringen. Einstimmig wurden beide Anträge angenommen.

Kurz und schmerzlos liefen die turnusmäßig alle zwei Jahren abzuhaltenden Wahlen ab. Danach wurden folgende Personen in ihren Ämtern einstimmig bestätigt: Peter Hoefer als Vorsitzender; Joachim Kuschel, Zweiter Vorsitzender; Martin Zink, Kassier, und Franz Knapp, Schriftführer. Mit einer Diashow zum abgelaufenen Jahr endete die Versammlung.




Mit einer Sonderausstellung „50 Jahre Heimatmuseum“ wird das Jubiläum im September gefeiert: links das Stadtmuseum heute, im früheren alten Rathaus (rechts) nahm das Heimatmuseum seinen Anfang. gki